In der ägyptischen Oase Siwa – nach achtstündiger Fahrt über die einzige Strasse von Kairo erreichbar – sitzen die Männer aufmerksam aufgerichtet – ein Bein lässig über die Deichsel gelegt – auf dem Eselskarren. Als Plantagenbesitzer, Kellner oder Schneider verrichten sie ihre Arbeit im öffentlichen Raum. Sie kochen in der Gasse, nicht aber zuhause, da ist die Frau zuständig. Erst gegen Abend verlässt diese vollständig eingehüllt in den traditionellen blau-weissen Umhang das Haus und wird – im Schneidersitz gebeugt auf der Ladefläche des Eselwagens sitzend – von ihren Söhnen durch den Ort chauffiert. Ebenso werden auch die Kinder geschlechtergetrennt und in Gruppen zur Schule gebracht, gelenkt wird der Wagen von Knaben.

In Paris sind – z.B. in der Metro – tagsüber ebenso viele Männer wie Frauen unterwegs, die Stadt scheint kinderfrei zu sein. Frauen eilen morgens im Businesskostüm durch die Gassen und trinken ihren café stehend an der Bar. Feierabends hetzen dieselben Frauen mit Kindern im buggy – ein Kinderwagen leicht und wendig – durch die Einkaufsstrasse. Der Sonntag ist Familientag. Modisch gekleidet – kleine Mädchen tragen hübsche Kleider und weisse Strümpfe – sitzt man mit befreundeten Familien im Jardin Royale und lacht und streitet und spielt.

In Bern drängeln sich zu Stosszeiten berufstätige Frauen, Männer und Jugendliche im ÖV, während in den übrigen Vor- und Nachmittagsstunden vor allem ältere Frauen, Rentner und Asylanten in Bus und Tram sitzen. Zu fast allen Zeiten sind auch Mütter unterwegs. Sie definieren sich über immer mächtiger werdende Kinderwagen und über eine Kinderstube, die sich im urbanen Raum auf Kaffees und Restaurants ausgedehnt hat. Kinder fordern lautstark die unverzügliche Befriedigung ihrer Bedürfnisse – auch zu später Stunde im Gourmet-Restaurant. Am Wochenende dann wird vielfach Vätern die alleinige Kinderbetreuung anvertraut.

Die Grenzen zwischen privat und öffentlich werden neu vermessen – zu wessen Wohlbefinden?